Comretix Blog

Wir bieten aktuelle Informationen über uns und aus der IT Welt.

Quantencomputer: Gefahr für die Cybersicherheit?

Quantencomputer: Gefahr für die Cybersicherheit?

Quantencomputer werden als Gefahr für die Cybersicherheit bezeichnet, weil sie gängige Verschlüsselungsverfahren knacken könnten, die zum Schutz vom Datenverkehr, E-Mails, Online-Banking oder IoT-Geräten verwendet werden. Ist diese Bedrohung real – oder handelt es sich eher um Panikmache?

Dr. Alexander Glätzle: Die Bedrohung ist real, aber aktuell noch nicht akut. Quantencomputer sind theoretisch dazu in der Lage, Verschlüsselungsverfahren wie RSA oder elliptische Kurvenkryptografie zu durchbrechen, weil sie mathematische Probleme lösen können, die für klassische Computer unüberwindbar sind. Derzeit gibt es noch keine Systeme mit der notwendigen Leistung und Stabilität, um dies praktisch umzusetzen. Dennoch warnen Behörden wie die NSA und das BSI zu Recht vor sogenannten „Store now, decrypt later“-Angriffen: Verschlüsselte Daten, die heute abgefangen werden, könnten in Zukunft mit leistungsstärkeren Quantencomputern entschlüsselt werden. Vorausschauendes Handeln ist daher notwendig.

Welche technologischen Fortschritte braucht es noch konkret, damit Quantencomputer heutige kryptografische Standards tatsächlich durchbrechen können? 

Dr. Glätzle: Für das Knacken heutiger Verschlüsselungsstandards braucht es noch erhebliche Fortschritte in mehreren Bereichen. Das BSI geht davon aus, dass etwa 20 Millionen physische Qubits notwendig wären, um RSA-2048 – eine Verschlüsselung, die für viele sicherheitskritische Anwendungen genutzt wird – zu knacken. Physische Qubits sind die grundlegenden Bausteine eines Quantencomputers. Ein Großteil dieser Qubits ist ausschließlich für Fehlerkorrektur erforderlich. Nur ein kleiner Teil der physischen Qubits kann tatsächlich für Berechnungen genutzt werden, die sogenannten logischen Qubits. Derzeit liegt die verfügbare physikalische Qubit-Anzahl weltweit im Bereich von Hunderten bis Tausenden.

Oft ist von der „Post-Quanten-Kryptographie“ die Rede, also von Schutzmaßnahmen, die selbst von Quantencomputern nicht geknackt werden können. Werden solche Maßnahmen bereits entwickelt? Und wie unterscheiden sie sich von heutigen Verschlüsselungssystemen?

Dr. Glätzle: Post-Quanten-Kryptographie (PQC) wird aktiv entwickelt, um Verschlüsselungssysteme zu schaffen, die selbst leistungsstarken Quantencomputern standhalten können. Die vom NIST standardisierten Algorithmen wie CRYSTALS-Kyber und SPHINCS+ basieren auf mathematischen Problemen, die auch für Quantencomputer extrem schwer zu lösen sind. Anders als aktuelle Verfahren, die sich auf Primfaktorzerlegung oder diskrete Logarithmen stützen – Probleme, die Quantenalgorithmen wie der Shor-Algorithmus effizient lösen können – nutzen PQC-Verfahren Ansätze wie gitterbasierte Kryptografie oder hashbasierte Methoden. Diese mathematischen Strukturen sind so komplex und unregelmäßig, dass selbst Quantencomputer ihre Grenzen erreichen. Ein weiterer Vorteil ist, dass PQC-Algorithmen auf klassischer Hardware laufen und daher schon heute in bestehende Systeme integriert werden können.

Könnten Quantentechnologien auch zu mehr Cybersicherheit beitragen – oder sind sie wirklich nur eine Bedrohung für diese?

Dr. Glätzle: Quantentechnologien bieten sogar ein enormes Potenzial für die Cybersicherheit. Ein Beispiel ist die Quantenkryptografie, allen voran die Quantum Key Distribution (QKD), die eine abhörsichere Kommunikation ermöglicht. Ihre Sicherheit basiert auf den Gesetzen der Quantenphysik: Es ist physikalisch unmöglich, einen unbekannten Quantenzustand zu kopieren, ohne ihn zu verändern. Ein Abhörversuch würde daher sofort erkannt werden.
Quantencomputer werden zudem bei der Entwicklung neuer Kryptografieprotokolle eine Rolle spielen. Sie sind besonders geeignet, um komplexe Optimierungsprobleme zu lösen, die in der klassischen Kryptografie oft nur schwer oder gar nicht effizient adressiert werden können.

Welche Rolle spielen deutsche Unternehmen und Forschungseinrichtungen bei der Entwicklung von Quantencomputern generell, aber auch bei der Entwicklung von Post-Quanten-Kryptographie?

Dr. Glätzle: Deutschland spielt sowohl bei der Quantenforschung als auch bei der Entwicklung quantensicherer Verschlüsselung eine wichtige Rolle. Einrichtungen wie das Fraunhofer AISEC arbeiten an der Entwicklung und Implementierung von PQC-Verfahren, während das BSI durch Leitfäden und Standards die Einführung solcher Technologien vorantreibt. Zudem fördern staatliche Programme wie die des BMBF zahlreiche Projekte, die Deutschland in diesem Bereich technologisch an der Spitze halten. Neben der Forschung zu Post-Quanten-Kryptographie trägt Deutschland auch zur Entwicklung innovativer Quantenhardware bei, beispielsweise durch den Einsatz neutraler Atome als Qubits. Diese Fortschritte positionieren Deutschland als einen der führenden Akteure in der Entwicklung von Quantencomputern.

Auch Ihr Start-up planqc entwickelt Quantencomputer: Was macht Ihre Technologie besonders und wie wollen Sie es mit Konkurrenten wie IBM oder Google aufnehmen?

Dr. Glätzle: Unsere Technologie nutzt neutrale Atome als Qubits. Diese Atome werden mit Lasern in einem unsichtbaren, schachbrettartigen Muster aus Licht festgehalten. Das Licht wirkt wie eine Art „optische Falle“, die die Atome in einer stabilen Position fixiert, ohne sie zu berühren.

Ein großer Vorteil neutraler Atome ist, dass sie keine elektrische Ladung haben. Dadurch reagieren sie weniger empfindlich auf äußere Störungen wie elektrische oder magnetische Felder. Das macht sie besonders stabil und zuverlässig. Diese Stabilität ermöglicht es uns, die Qubits präzise zu kontrollieren und unsere Technologie einfacher zu skalieren, als es andere Ansätze erlauben. Ferner kommt das System ohne supraleitende Kühlung aus, was ebenfalls auf die Skalierbarkeit einzahlt. Unsere Technologie beruht auf jahrzehntelanger Grundlagenforschung des Max-Planck-Instituts für Quantenoptik, die auch mit dem Nobelpreis ausgezeichnet wurde. Wir sehen uns in einer starken Position, die Entwicklung marktreifer Quantencomputer maßgeblich voranzutreiben und eine führende Rolle einzunehmen – sowohl als Unternehmen als auch als Teil des Munich Quantum Valley und der Innovationslandschaft in Deutschland.

 

 

Original Autor: ZDNet-Redaktion / rh
×
Stay Informed

When you subscribe to the blog, we will send you an e-mail when there are new updates on the site so you wouldn't miss them.

"Bits & Böses": Dem Hass nicht das Internet überla...
Noch 90 Tage: Microsoft-365-Apps unter Windows 10 ...
 

Kommentare

Derzeit gibt es keine Kommentare. Schreibe den ersten Kommentar!
Bereits registriert? Hier einloggen
Samstag, 01. November 2025

Die Comretix GmbH ist ein IT Systemhaus aus Tuttlingen. Seit über 30 Jahren betreuen wir unsere Kunden in Baden-Württemberg, der Schweiz und im gesamten Bundesgebiet mit Leidenschaft, Fairness und Loyalität. Wir bauen auf eine zuverlässige Partnerschaft mit unseren Lieferanten und Kunden. Unseren Mitarbeitern stehen wir auf Augenhöhe gegenüber.

Comretix GmbH Logo